Baukunst: „mit allen Sinnen erfahrbar und gleichzeitig nützlich"

Montag. 09. Oktober 2023 (Pressestelle)
Eine Frau lächelt in die Kamera, im Hintergrund ist ein Gang mit beleuchteten Betonwänden und einer Holztreppe zu sehen.
Prof. Gemma Koppen - Foto: Natalie Schalk / Hochschule Coburg

Fragebögen sind ein beliebtes Format, um interessante Menschen ein klein wenig kennenzulernen. Die Hochschule Coburg nutzt eine eigene Variante – heute, um Prof. Gemma Koppen (Jahrgang 1969) vorzustellen. Seit dem Sommersemester 2023  forscht und lehrt sie als Professorin für Entwerfen & Gesundheit an der Fakultät Design.

Woher kommen Sie, was haben Sie zuletzt gemacht?
Prof. Gemma Koppen: Ich bin die „fliegende Holländerin“, komme aus Rotterdam. Zuletzt habe ich dort einen Bauantrag eingereicht für ein Gebäude-Ensemble für Menschen mit schweren geistigen Behinderungen. Mein Entwurf soll dazu beitragen, die Betreuungsintensität der schwerst Betroffenen zu reduzieren und ihnen auf diesem Weg zu mehr Selbständigkeit verhelfen.

Wo / wie leben Sie?
In Berlin lebe ich in einem turbulenten, bunten von Kunst und Kultur geprägten urbanen Kiez des schönen Stadtteils Schöneberg. Meine Wohnungstür im Erdgeschoss katapultiert mich an den Wochenenden direkt ins pulsierende Leben der Stadt. In Coburg bewohne ich das zurückgezogene Dachgeschoss einer alten Villa mit Garten. Die Aussicht auf Natur und Schloss Callenberg schaffen den idealen Ausgleich und guten Ort zum (ver)arbeiten.

Wie möchten Sie leben?
Mit kürzerem Abstand zwischen Stadtkultur und Landleben.

Ihre Spezialgebiete sind?
Entwerfen von Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen (Architecture for Health and Healing Architecture), exploratives und evidenzbasiertes Entwerfen (Evidence Based Design), Einfluss der gebauten Umwelt auf Gesundheit, Raum- und Stresswahrnehmung (Architekturpsychologie)

Das Erstaunlichste in Ihrem Fach?
Die Baukunst ist die höchste Form der Kunst, da sie mit allen Sinnen erfahrbar und gleichzeitig nützlich ist, Kulturen und Gesellschaften gestaltet, beheimatet oder befremdet.

Vollenden Sie diesen Satz: Wissenschaft muss ...
… Wissen schaffen, nicht verwalten.

Der bisher schönste Moment in Ihrem Beruf?
Als ich mit 29 Jahren durch das erste Gebäude gehen konnte, das ich selbst entworfen hatte.

Bei der Arbeit an der Hochschule freuen Sie sich besonders auf?
Die Erkenntnisse, die ich in meiner bisherigen Forschungs- und Entwurfsarbeit gewonnen habe, an die nächste Generation von Raumschaffenden weitergeben und mit ihnen weiterentwickeln zu können.

Die wichtigste Erfindung der letzten hundert Jahre?
Das Radio, es bringt Menschen und Geschichten in alle Winkel der Erde, ohne dass man sie sehen muss.

Was ist für Sie das vollkommene irdische Glück?
An einen warmen Frühlings- oder Herbsttag barfuß durch den Apfelbaumgarten meiner Eltern zu wandeln.

Was ist für Sie das größte Unglück?
Dass Frauen und Männer nicht gleichberechtigt sind.

Wen möchten Sie gerne persönlich kennenlernen?
Da lasse ich mich gern vom Leben überraschen.

Wer oder was wollten Sie als Kind werden?
Steffi Graf

Wer wären Sie gerne?
Le Corbusier

Ihre Held:innen der Wirklichkeit?
Mária Telkes, sie hat bereits 1948 gemeinsam mit der Architektin Eleanor Raymond das erste durch Sonnenenergie beheizte Haus entwickelt (Das Dover Sun House). Leider wissen das nur die Wenigsten.

Ihre liebsten Romanheld:innen? / Ihre Lieblingsheld:innen der Filmgeschichte?Eline Vere (Louis Couperus) / Francis Mc. Dormand

Ihr/e Lieblingsautor:in?
Louis Couperus, Fjodor Dostojewski, Hanya Yanagihara, aber vor allem Marieke Lucas Rijneveld. 

Welches Buch haben Sie gerade auf dem Nachttisch liegen ... oder wo sonst?
Mijn lieve gunsteling (Mein kleines Prachttier)

Ihre Lieblingsmusik?
Immer in Anhängigkeit von der gewünschten Wirkung: Zum Arbeiten Klassik, zum Tanzen Techno, beim Feiern spanische Klänge, zum Entspannen Lounge Musik (zB Café del Mar)

Welches Design bevorzugen Sie?
Wer sich hier festlegt, beschränkt sich im Genuss. Im Design ist keine Richtung ein Kriterium für Güte und Qualität sondern die Stimmigkeit in sich, mit dem Kontext und den gesteckten Zielen und Absichten der Designer:in

Ihr/e Lieblingsmaler:in?
Die Auswahl ist grenzenlos.

Lieblingstier?
Katze

Lieblingsblume?
Löwenzahn (Pferdeblume auf Niedlerändisch), sie ist wunderschön, formenreich, kann Metamorphose und hat heilende Inhaltsstoffe. Einfach toll.

Ihre Lieblingsbeschäftigung?
Architektur betrachten, studieren, bewundern, schaffen

Ihre Lieblingsbeschäftigung online?
Mit Google Maps spannende Routen austüfteln, auf die ich mich dann auf Entdeckungstouren mit dem selbst umgebauten Rot-Kreuz-Krankenwagen begebe.

Welchen Sport betreiben Sie?
Im Moment leider viel zu wenig. Bin aber begeisterte Radfahrerin und Volleyballerin im Tun, Fußballerin im Zuschauen und Kitesurferin im unermüdlichen Ausprobieren.

Welche Eigenschaften schätzen Sie bei anderen Menschen am meisten?
Die Paarung aus Humor, Ironie und Empathie.

Ihr Hauptcharakterzug?
Kein Humor.

Ihr größter Fehler?
Dass ich nicht schon in jungen Jahren nach Berlin gezogen bin, beim Klavierunterricht nicht mein Bestes gegeben habe und Schillers’s “Ode an die Freude” nicht auswendig rezitieren kann.

Welchen Fehler entschuldigen Sie am ehesten?
Für den man sich entschuldigt.

Welche natürliche Gabe möchten Sie besitzen?
Fliegen zu können.

Wie möchten Sie gern sterben?
Still und leise.

Welche Reform bewundern Sie am meisten?
Auf eine solche warte ich noch: dass ganz selbstverständlich eine Frau zur Päpstin gewählt werden würde.

Haben Sie schon einmal eine Petition unterschrieben (wofür/wogegen)?
Die Petition für den Erhalt des Tempelhofer Feldes als Freifläche in Berlin.

Welches Auto möchten Sie gerne fahren?
Auf jeden Fall ein deutsches.

Welche drei Gegenstände nehmen Sie mit auf eine einsame Insel?
Wenn es mich auf eine einsame Insel verschlägt, dann ganz sicher, ohne vorher darüber nachgedacht zu haben, was ich dahin mitnehmen würde.

Ihre gegenwärtige Geistesverfassung?
Sehr glücklich und entspannt.

Ihr Motto?
Greife immer nach etwas Höherem als du eigentlich denkst, erreichen zu können und lass dich dabei nicht von deinen Ängsten zurückhalten.