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17. Mai '24

von Natalie Schalk

Im Autobahntunnel oder dem Einkaufszentrum kann nicht einfach mal schnell ein Fenster geöffnet werden – dass hier trotzdem keine dicke Luft herrscht, ist moderner Technik zu verdanken. Große industrielle Lüftungsanlagen funktionieren so gut, dass sie im Alltag kaum wahrgenommen werden, haben allerdings einen Nachteil: den Energieverbrauch. Die Europäische Union hat angekündigt, die Ökodesign-Richtlinie für Industrieventilatoren kommendes Jahr zu verschärfen. In seiner Doktorarbeit an der Hochschule Coburg und der FAU Erlangen-Nürnberg hat Manuel Fritsche dafür eine Lösung entwickelt.

Im Bereich der Ventilatoren gibt es Handlungsbedarf. Grund ist eine EU-Verordnung: Nr. 327/2011 als Teil der ErP Richtlinie 2009/125/EG schreibt immer strengere Anforderungen an die Energieeffizienz für diese Maschinen vor. „Der Mindestwirkungsgrad wird vom Gesetzgeber mit der Zeit systematisch erhöht“, sagt Manuel Fritsche. „Das stellt für Ventilatorenhersteller eine ernstzunehmende technische Herausforderung dar.“ Fritsche sitzt an einem Rechner im Labor für Strömungsmechanik der Hochschule Coburg; die beiden großen Bildschirme vor ihm zeigen ineinanderfließendes Pink, Gelb und Grün. „Numerische Strömungssimulationen“, erklärt er. Um sie darzustellen, wird berechnet, wie verschiedene Faktoren die Luftströmung am Ventilator beeinflussen.

„Strömungen sind komplexe Vorgänge: Da gibt’s Turbulenz, Dreidimensionalität, Instationarität.“ Vom Zusammenspiel hängt ab, wie Luftströme fließen. Wenn zum Beispiel am Ventilatoren-Blatt eine Verwirbelung entsteht, wird die Energie nicht gut umgesetzt; der Wirkungsgrad ist schlecht. Im Idealfall strömt die Luft einfach entlang der Schaufel des Ventilators. „Wie die optimale Strömungsführung ist, haben sich Ingenieure und Ingenieurinnen schon früher überlegt“, berichtet Fritsche. „Man hat dann mehrere Prototypen erstellt und getestet, was am besten funktioniert.“ Seit etwa 20 Jahren verlagern sich diese Tests immer mehr in Computersimulationen und statt wie früher ein paar Prototypen zu bauen, hat der 34-Jährige für seine Doktorarbeit Tausende Simulationen durchgeführt.

Wo bisher bekannte Verfahren scheitern

Bei den altbekannten Auslegungsverfahren wird von einer zylindrischen Nabenform und aerodynamisch profilierten Schaufeln ausgegangen, für die empirische Profildaten benötigt werden. Niederdruck-Axialventilatoren werden in der industriellen Praxis aus Kosten- und Fertigungsgründen allerdings meist mit dreidimensional gebogenen Schaufeln aus gleichbleibend dickem Blech hergestellt. Dafür hat Fritsche eine „Simulationsgetriebene Auslegungs- und Optimierungsstrategie für den Anwendungsfall eines Axialventilators mit Leitapparat“ entwickelt. Für die überdurchschnittliche Leistung dieser Doktorarbeit wurde er mit „Magna Cum Laude“ ausgezeichnet. Betreut wurde die kooperative Promotion an der Fakultät Maschinenbau und Automobiltechnik der Hochschule Coburg von Prof. Dr. Philipp Epple, Leiter des Labors für Strömungsmechanik, sowie von Prof. Dr. Antonio Delgado vom Lehrstuhl für Strömungsmechanik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.

Vom ersten Semester bis zur Promotion an der Hochschule

Epple freut sich sehr über das abgeschlossene Promotionsverfahren seines wissenschaftlichen Mitarbeiters. Fritsche ist mit der Hochschule schon lange verbunden. Er lebt in Ebensfeld im Kreis Lichtenfels, hat an der Fakultät Maschinenbau- und Automobiltechnik der Hochschule Coburg bereits sein Diplom- und sein Masterstudium absolviert und bleibt nach der Promotion als Postdoc an der Fakultät. Sein Coburger Doktorvater Epple dankt dem Dekan Prof. Dr. Alexander Rost für die Unterstützung dieses Promotionsverfahrens. „Mein besonderer Dank gilt außerdem der Hochschulleitung“, sagt Epple. „Insbesondere unser Präsident Prof. Dr. Stefan Gast und unser Vize-Präsident für Forschung, Prof. Dr. Martin Synold, haben die notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen und unterstützen Forschung und Promotionsvorhaben stetig.“

Wissenschaft und Industrie: ein erfolgreiches Transferprojekt

Präsident Gast kommt selbst aus der Fakultät Maschinenbau- und Automobiltechnik, hat Fritsches Arbeit einige Zeit aus nächster Nähe erlebt und freut sich sehr, dass die Forschungsergebnisse aus dieser Doktorarbeit in die industrielle Praxis transferiert werden. Die Dissertation ist Teil eines Kooperationsprojekts zwischen der Hochschule Coburg und einem Ventilatorenhersteller, das über das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) des Bundeswirtschaftsministeriums gefördert wird.

Mit Hilfe von Prototypen des Industriepartners wurde Fritsches neues Auslegungs- und Optimierungsverfahren validiert. „Als Handmuster hat mir außerdem das Institut für Prototypen- und Modelltechnik der Hochschule Coburg Ventilatoren im 3D-Druckverfahren erstellt“, ergänzt der Doktorand. Auf Basis seiner Forschung können Axialventilatoren nun mit nennenswerten Wirkungsgradsteigerungen und optimiertem Betriebsverhalten ausgelegt werden. Das trägt dazu bei, die künftig strengere EU-Richtlinie zu erfüllen. Überall dort, wo wie im Parkhaus oder Einkaufszentrum große Lüftungsanlagen eingesetzt werden, kann das entwickelte Verfahren die Energieeffizienz von Ventilatoren verbessern – und das trifft den eigentlichen Kern der manchmal sperrigen Verordnungen der EU: Es ist ein Beitrag zum Klimaschutz.

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