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3. August '20

Sozialer Wohnungsbau kostet. Gäbe es ihn nicht, würden der Gesellschaft in anderen Bereichen Kosten entstehen. Gemeinsam mit der Bamberger Joseph-Stiftung untersucht die Hochschule Coburg, was Sozialer Wohnungsbau der Gesellschaft bringt.

Die Zinsen sind niedrig, Immobilien gelten als gute Investition. Und die Preise steigen weiter. Aber Wohnraum ist nicht nur ein Finanzobjekt. „Leider bleiben soziale Auswirkungen beim finanziellen Renditekalkül außen vor“, sagt Marcus Hentschel. Der Wirtschaftswissenschaftler lehrt an der Hochschule Coburg unter anderem Investitionsrechnung und Finanzierung für verschiedene Studiengänge. Mit einer Gruppe Studierender aus den Studiengängen Soziale Arbeit und BWL hat er zwei Semester lang die wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung von Sozialwohnungen untersucht. „Soziale Arbeit hat das Menschenwohl im Fokus, BWL den unternehmerischen Gedanken. Es ging darum, beides zu verbinden.“ Im Zentrum der Untersuchung stand die Frage „Lohnt sich sozialer Wohnungsbau?“

Dazu wurde der „Social Return on Investment”-Ansatz herangezogen – SROI oder auch „Sozialrendite“ genannt: Soziale Projekte und Maßnahmen erzeugen einen gesellschaftlichen Mehrwert und diese Vorteile werden in Geld bemessen. „Übertragen auf den Sozialen Wohnungsbau bedeutet das beispielsweise, dass die Menschen in einer angemessenen Wohnsituation seltener krank werden als wenn sie unter schlechten Bedingungen leben müssten. Das vermeidet Kosten im Gesundheitssektor.“

Viele Vorteile – aber auch Vorurteile

Bei dem Forschungsprojekt arbeitete die Hochschule Coburg mit der Joseph-Stiftung zusammen. Rund die Hälfte der Wohnungen des kirchlichen Wohnungsunternehmens der Erzdiözese Bamberg sind öffentlich gefördert: 123.000 m² Wohnfläche. Nach einem Semester Theoriearbeit waren die Studierenden bereit für den Praxisteil. In Bamberg und Nürnberg befragten sie Bewohner und Bewohnerinnen von Sozialwohnungen der Joseph-Stiftung, um herauszufinden, wie sich sozialer Wohnungsbau auswirkt.

„Was wäre, wenn es keine Sozialwohnungen gäbe?“ Die Bewohnerinnen und Bewohner hätten weniger Geld, weniger Möglichkeiten für Konsum, ein selbstbestimmtes Leben, und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben wäre erschwert. Sie wären weniger zufrieden. „Soziale Beziehungen zu Familie und Freunden sind besser, als wenn man in einer Bruchbude leben würde.“ Auch für Kinder hat der Soziale Wohnungsbau positive Effekte, denn sie haben beispielsweise bessere Rahmenbedingungen um zu lernen und einen guten Schulabschluss zu machen. Ein wichtiger Faktor für ältere oder behinderte Menschen ist außerdem die Barrierefreiheit dieser Wohnungen. „Überraschend ist, dass viele ungern darüber reden, dass sie in geförderten Wohnungen leben“, sagt Hentschel. Es gebe viele Vorurteile – zum einen den Bewohnern gegenüber: „Aber in eine schwierige Situation kann jeder kommen, das betrifft häufig Alleinerziehende, Kranke oder Menschen mit geringem Einkommen. Darunter sind oft Berufe, von denen wir jetzt gelernt haben, dass sie systemrelevant sind: zum Beispiel im Einzelhandel oder der Krankenpflege.” Auch von den Anlagen selbst hätten viele Menschen ein falsches Bild: „Man denkt bei Sozialwohnungen an alte, heruntergekommene Häuser. Aber das sind gepflegte Wohneinheiten.”

Im ersten Schritt wurde die Lebenssituation der Bewohner beleuchtet. „Man muss in Folgerechnungen vergleichen, wie es ohne diese Wohnungen wäre.” Dafür müssten sämtliche Investitionen und Folgekosten betrachtet und ein Messverfahren entwickelt werden. „Die große Herausforderung ist, die individuellen und gesellschaftlichen Vorteile und die vermiedenen Kosten in Geldeinheiten zu bemessen – das ist die Voraussetzung, um an dem Thema weiter zu forschen.”

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