13. August '24
von Andreas T. Wolf
IT-Studis steht die Welt offen. Den Hochschul-Studenten Luca Jung hat es zum coden nach Nara in Japan gezogen. Sein Praxissemester verbringt der 25-jährige Informatik-Bachelor deshalb in einem Wissenschafts- und Technologie-Institut in Übersee. Hilfe hatte er dabei von seinem Professor aus der Fakultät Elektrotechnik und Informatik.
Es ist eine unglaublich vielfältige Zusammenfindung von klugen Köpfen aus aller Welt, die sich am Nara Institute of Science and Technology (NAIST) zusammenfindet. So jedenfalls beschreibt es Informatik-Student Luca Jung, wenn er von seinem Praxissemester in Japan schwärmt: „Kommunikation wird hier großgeschrieben, wodurch man viele verschiedene Themengebiete der Cyber-Security kennenlernt, ernsthaft forschen kann und trotzdem einen sehr engen Bezug zu allen Kollegen hat, sei es Sensei, Senpai oder Mitstudenten.“
Jung arbeitet am NAIST in einem Labor für Cybersicherheit, wo er neben Vorträgen und Versuchen auch Events und Konferenzen besucht: „Besonders beeindruckt hat mich die hohe Motivation und die professionelle Arbeitsweise der japanischen Forscher, die mich täglich inspiriert.“ Zu seinen Hauptaufgaben vor Ort gehört zuallererst die Forschung, also viel lesen und praktische Anwendungsfälle betrachten und programmieren. Dabei hat er unter anderem auch ein kleines Intrusion-Detection-System entwickelt, das unerwünschte Einflüsse zum Beispiel auf Auto-Kameras erkennt und größere Fehler verhindert. Derzeit arbeitet er im Bereich „DPDK – Enhancing Security in High-Performance Packet Processing Frameworks“ – also Systeme „hacken“, um Sicherheitslücken zu finden und zu schließen. „Besonders spannend dabei ist, dass trotz der Sicherheitsmaßnahmen alles weiterhin schnell ablaufen muss, da High-Performance Packet Processing sehr hohe Geschwindigkeiten erfordert“, schwärmt Jung.
Exotische Erfahrungen
Anders als an seiner Hochschule in Deutschland verläuft sein Praxissemester überraschend Theorie-lastig: „An unserer Hochschule lernt man dagegen gleichzeitig Theorie und Praxis. Die japanischen Studierenden nutzen viel von ihrer Freizeit, um die nötigen Fähigkeiten zu erlangen. Beide Systeme sind sehr unterschiedlich, aber auch sehr effektiv.“
Japan habe ihn schon immer fasziniert. Die Kultur, Sprache und Geschichte hätten ihn ebenso gereizt wie technischen Errungenschaften in Robotik und Künstliche Intelligenz (KI). Entsprechend leicht sei ihm dann die Entscheidung gefallen, ins Flugzeug zu steigen: „Um diese Eindrücke und Erfahrungen selbst zu erleben, habe ich die Chance des Praxissemesters und der möglichen Stipendien genutzt, um mich dafür zu bewerben. Mein Ziel ist es, durch diese Auslandserfahrung sowohl mein fachliches als auch mein kulturelles Wissen zu erweitern und wertvolle internationale Kontakte zu knüpfen.“
Internationalisierung an der Hochschule
Mitgeholfen hat dabei sein Professor Dr. Florian Mittag, Praxisbeauftragter der Bachelorstudiengänge Informatik und Visual Computing und Leiter des Labors für Künstliche Intelligenz an der Hochschule Coburg. Auch ihm hat es die einzigartige Kultur in Fernost angetan. Das wissen auch seine Studierenden aus den Vorlesungen, darum habe Jung ihn um Hilfe gebeten. Zusammen mit dem International Office der Hochschule konnte schließlich ein Platz vermittelt werden. Denn ab dem fünften Semester sind Praktika in der Industrie vorgesehen, um einen Einblick ins Berufsleben des Fachgebiets zu erhalten, sagt Mittag: „Es gibt Erfahrungen, die nur schwer allein im Hochschul-Umfeld umzusetzen sind. Einige unserer Studis nutzen die Chance, ihr Praktikum im Ausland zu absolvieren und dabei helfen wir gern.“
Gerade im IT-Bereich komme es in der Industrie immer häufiger zu Geschäftsbeziehungen mit internationalen Partnern, weshalb ein Blick über den kulturellen Tellerrand eine sehr lehrreiche Erfahrung sein könne, weiß der IT-Prof: „Neugier ist der beste Lehrmeister und das Studium ist die beste Zeit, um Erfahrungen zu sammeln.“
Nicht nur in der Industrie, auch für die Hochschule Coburg ist die Internationalisierung wichtig. Zwar ist das Praxissemester in Japan aktuell noch eine Besonderheit, doch wird an weiteren Möglichkeiten, Angeboten und Vernetzungen gearbeitet. Prof. Dr. Mittag würde sich auch über mehr japanische Studierende in Coburg freuen: „Das Nara Institute of Science and Technology ist eine Partner-Uni der HS Coburg und einen intensiveren Austausch würde ich sehr begrüßen.“ Zudem spielt er selbst mit dem Gedanken, ein Forschungssemester in Japan zu verbringen.
Egal, ob Programmier- oder Landessprache
Die Informatik ist schon im Kern international, denn sie ist überall präsent und ermöglicht eine Verständigung über Programmiersprachen. Alles, was es braucht, sind ein Computer mit Internetzugang – dann kann von überall auf der Welt gearbeitet und kommuniziert werden, sagt Mittag: „Software-Entwicklung geschieht (gerade im Open-Source-Bereich) verteilt über die ganze Welt und kann dann auch überall eingesetzt werden. Der nächste Fortschritt, um ein Gebiet weiter voranzubringen, könnte überall auf dem Planeten passieren – vielleicht auch bei uns in Coburg. Wissenschaft und Forschung lebt vom freien Gedanken- und Ideenaustausch.“
Luca Jung jedenfalls ist sehr glücklich über die Möglichkeit, sein Praxissemester im Ausland zu verbringen. Er hat inzwischen viele japanische Freunde gefunden und tiefgehende Einblicke in Kultur und Denkweise gewonnen: „Ich erlebe hier eine der schönsten Zeiten meines Lebens und möchte jedem so eine Erfahrung empfehlen.“