13. Dezember '19
Haben wir weniger Stress, wenn wir uns intensiv mit uns selbst auseinandersetzen? Die Studentin Leonie Brückner (Integrative Gesundheitsförderung) will das in ihrer Bachelorarbeit herausfinden und hat sich dafür die Unterstützung eines Bauingenieurs geholt.
Auf Kissen und Decken sitzen die 12 Studentinnen im Kreis auf dem Boden des Raumes. Kerzen und Lichterketten liegen in der Mitte. Aus ihren Tassen dampft Zitronentee – ein Diffusor verströmt Zitronenduft. „Zitrone kann äußere Einflüsse abhalten“, erklärt Leonie Brückner. Den Teilnehmerinnen soll es helfen, sich auf das heutige Thema zu konzentrieren: Das Selbst. Was ist das Selbst? Kann man das in Worte fassen? Die Studentinnen versuchen es. „Für mich ist das Selbst ganz tief in mir drin“, sagt eine. „Es sind meine Gefühle, meine Gedanken, mein Bewusstsein“, sagt eine andere. Leonie Brückner hört zu, macht sich Notizen. Am Ende der Stunde wird sie eine Zusammenfassung für die Teilnehmerinnen erstellen und im Kurs hochladen. Dort steht auch das Programm für die nächsten Tage: ein Video mit einer 15-minütigen Einheit Morgen-Yoga, ein Podcast mit einer Mantra-Meditation, ein Fragebogen zum Selbst. Leonie Brückner hat ein umfassendes Programm ausgearbeitet: Lightful You. Das sind acht Wochen voller Meditationen, Achtsamkeitsübungen, Yoga-Praktiken, Atemtechniken, Gruppentreffen und Fragen, die helfen sollen das Ganze zu reflektieren.
Die Studentin will herausfinden, ob sich die Übungen auf das Stressempfinden der Teilnehmerinnen auswirken. Jede Woche widmet sich einem anderen Thema: Umwelt, Sinne, Körper, Konzentration, Atem, Meditation, Das Selbst, Innere Freiheit. Die Inhalte, Videos und Podcasts erstellt Leonie Brückner selbst. Sie greift dabei auf Praktiken zurück, die sie im Studium der Integrativen Gesundheitsförderung gelernt hat – außerdem absolviert sie gerade eine Ausbildung zur Yoga-Lehrerin.
Das Konzept für ihr Programm hat sie mit Hilfe von Prof. Dr. Peter Pfrommer erarbeitet. Er lehrt im Studiengang Energieeffizientes Gebäudedesign: Bauphysik, Raumakustik, Wärme- und Feuchteschutz. Peter Pfrommer ist aber auch Autor des Buches „Ich – wer ist das?“. Es ist bereits sein zweites Werk, das sich mit der Suche nach dem Selbst beschäftigt. An der Hochschule bietet er dazu ein Seminar an, das Studierende unterschiedlicher Studiengänge besuchen können. Leonie Brückner hat das im ersten Semester ihres Studiums getan. „Seitdem hat es mich nicht mehr losgelassen“, sagt sie. Dass Peter Pfrommer als Professor eines anderen Studiengangs ihre Bachelorarbeit betreut, sei kein Problem. „Interdisziplinäre Zusammenarbeit ist ja genau das, was die Hochschule sich wünscht und fördert“, erklärt der Ingenieur. „Und auf der anderen Seite befassen wir uns auch mit Behaglichkeit, mit Menschen in Gebäuden und der Frage, wie muss man diese gestalten, damit sich die Menschen darin wohlfühlen.“
Jeweils zu Beginn und am Ende des achtwöchigen Programms befragt Leonie Brückner die Teilnehmerinnen: Was empfinden sie als Stress? Wie sehr belasten sie entsprechende Situationen? Was verursacht Stress? Aber auch: Wann fühlen sie sich wohl? Was tun sie, um mit Stress umzugehen? Die Ergebnisse werden dann in ihre Bachelorarbeit einfließen.
Pauline und Marlene sind zufrieden. Die beiden Studentinnen haben fast jede Stunde besucht: „Es ist super schön, jeden Tag etwas für sich zu machen“, finden die zwei. „Man nimmt sich dafür viel zu wenig Zeit.“ Leonie Brückner geht es vor allem darum, den Teilnehmerinnen Anregungen zu geben, mit denen sie herausfinden, was ihnen hilft, sich wohler zu fühlen. „Beim einen ist das die Mediation, bei anderen die gemeinsamen Gruppenstunden. Es gibt so viele Möglichkeiten – von Achtsamkeit bis Qi Gong.“
Nach dem Studium will sich die 23-Jährige selbstständig machen. Das achtwöchige Programm möchte sie weiterentwickeln und auch in Zukunft anbieten. Denn die Reise zum eigenen Selbst, schafft man nicht in acht Wochen, sagt die Studentin. „Das ist ein Lebensweg!“