15. November '18
Eine von acht Frauen erkrankt im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs. Das Risiko steigt mit zunehmendem Alter. Die richtige Vorsorge ist deshalb extrem wichtig. Eine Absolventin der Hochschule Coburg hat ein System entworfen, das Leben retten kann.
So klein wie eine PC-Maus und dennoch von großer Wirkung: „SENSA“ heißt das Konzept, das von Daniela Böhrer im Rahmen ihrer Bachelorarbeit im Studiengang Integriertes Produktdesign entwickelt wurde. Es soll Frauen dabei helfen, frühzeitig Veränderungen ihres Körpers zu erkennen. Der Entwurf umfasst ein Tastgerät für die weibliche Brust, eine anleitende App sowie eine Dockingstation, die aufleuchtet, sobald die nächste Vorsorgeuntersuchung ansteht.
Die Anwendung punktet durch ihre Einfachheit: Die Frau fährt mit dem Tastgerät ihre eigene Brust ab. Ihre Fingerspitzen liegen dabei auf einer ultradünnen, druckempfindlichen Membran. Das Gerät ist mit einer App verbunden und kann so von jeder Frau ganz individuell genutzt werden. Die Frau sieht auf ihrem Smartphone in Echtzeit, welche Bereiche sie bereits abgetastet hat. Das Programm führt Schritt für Schritt durch den gesamten Prozess und misst laufend den Gewebegegendruck. Zudem zeigt es zum Beispiel an, mit welcher Druckstärke bestimmte Stellen gegebenenfalls noch einmal gecheckt werden sollten. Die so gesammelten Daten werden im Anschluss als „Landkarte“ der eigenen Brust ausgewertet und gespeichert. Führt die Frau die Selbstuntersuchung zu einem späteren Zeitpunkt erneut durch, vergleicht die App automatisch das aktuelle mit dem letzten Ergebnis und macht sofort auf fester oder größer werdende Verhärtungen aufmerksam – und rät zum Arztbesuch.
„SENSA stellt selbst keine Diagnosen. Vielmehr soll es die Nutzerin sensibilisieren, auf ihren Körper zu hören und auf Veränderungen zu erkennen. Anhand der dünnen Membran hat sie die Möglichkeit, sich selbst fühlen. Die Technik dient dabei nur zur Unterstützung, um der Frau die Unsicherheit zu nehmen“, erklärt Daniela Böhrer. Im Hinblick auf die technischen und medizinischen Aspekte ihres Entwurfs wurde die Designerin von Ärzten und Prof. Dr. Klaus Drese vom Institut für Sensor- und Aktortechnik (ISAT) beraten. Die Gestaltung der App und des Geräts übernahm sie selbst: „Ich habe besonders auf weiche Formen und zarte Farben geachtet, um einen Bezug zum weiblichen Körper herzustellen.“ Noch ist SENSA nur ein Entwurf, denn eine konkrete Umsetzung gestaltet sich bei medizinischen Anwendungen oft schwierig.
Für ihre Bachelorarbeit wurde Daniela Böhrer mit dem Mia Seeger Preis ausgezeichnet. Die Jury war sich einig: „Lieber nichts tun als etwas Falsches machen – dieses Argument zieht jetzt nicht mehr, egal, wie eine Frau zur Selbstuntersuchung als Ergänzung zur ärztlichen Vorsorge steht. Sie hat eine Assistentin, die erinnert, anleitet, aufpasst, objektiv feststellt und vernünftig rät.“ Auch Professor Gerhard Kampe, der Daniela Böhrers Arbeit betreute, lobt: „Frau Böhrer zeigt mit ihrer Arbeit in besonderer Weise, wie sich manuelles Abtasten der Brust sinnvoll über sensorisch-digitale Technologie erweitern lässt – immer mit dem Fokus auf Nutzerin und Anwendung.“
Die Hochschule Coburg ist bei der Mia Seeger Stiftung und dem ausrichtenden Design Center Baden-Württemberg übrigens nicht unbekannt: Absolvent*innen des Studiengangs Integriertes Produktdesign an der Fakultät Design erzielten in den Jahren 2005, 2006, 2008, 2013, 2014, 2016 und 2018 besondere Anerkennungen und erste Preise. Das hilft auch bei der Jobsuche, weiß Daniela Böhrer. Die 25-jährige aus Schwabach bei Nürnberg konnte gleich im Anschluss an ihren Studienabschluss eine Stelle als Produktdesignerin in einer renommierten Stuttgarter Agentur ergattern.
Mia Seeger Preis
Vor über 30 Jahren rief die im Kultur- und Designbereich engagierte Mia Seeger die Verleihung des gleichnamigen Preises ins Leben. Er wird jährlich für exzellente Studien- und Abschlussarbeiten in der Disziplin Design vergeben. Der Design-Nachwuchs soll damit auf der einen Seite gefördert, auf der anderen Seite aber auch gefordert werden, sich neben den fachlichen Kriterien auch mit sozialen Fragen auseinanderzusetzen. Unter dem Motto „Was mehr als Einem nützt!“ ist in der Bewertung der eingereichten Entwürfe deshalb vor allem deren gesellschaftlicher Nutzen entscheidend. Der Preis ist insgesamt dotiert mit 10.000 Euro, die in diesem Jahr auf vier Preisträger*innen verteilt wurden. Weitere Informationen gibt es hier.