23. Oktober '20
Elisabeth Klug und Marius Greiner studieren Integriertes Produktdesign. An der Hochschule Coburg haben sie ein Bewegungstherapie-Gerät für Parkinsonkranke entwickelt. Dafür erhielten sie eine Anerkennung beim Mia-Seeger-Preis.
Eine weiße Scheibe an der Wand, darauf eine leuchtende Figur. Sieht aus wie ein Strichmännchen. Aber es bewegt sich: Es hebt den linken Arm über den Kopf. Und zurück. Jetzt den rechten Arm. „Immer große Bewegungen“, erklärt Elisabeth Klug, „so üben auch Physiotherapeuten mit Parkinsonkranken.“ Wichtig sind intensive Wiederholungen und eine ständige Erfolgskontrolle. Damit das beim Training zu Hause funktioniert, haben Elisabeth Klug und Marius Greiner das Bewegungstherapie-Gerät „Joi“ für Menschen entworfen, die an Parkinson leiden.
Rund um das Gerät wird eine Fläche projiziert, die aus einzelnen Punkten besteht. Wenn das Strichmännchen den linken Arm hebt, blinken die Punkte links. Die Bewegungen der Nutzerin oder des Nutzers werden von einer Kamera erfasst und ebenfalls an die Wand projiziert. Ist die Bewegung korrekt ausgeführt, trifft sie die richtigen Punkte auf der Wand. Die Projektion leuchtet intensiv auf. Es ist ein spielerischer Ansatz, der auch therapeutisch durchdacht ist: „Die Projektion ist genauso groß, wie man selber ist“, sagt Klug. „Das steigert die Selbstwahrnehmung“, ergänzt Greiner.
Klug und Greiner studieren Integriertes Produktdesign an der Hochschule Coburg, und „Joi“ ist das Ergebnis ihrer Studienarbeit im Fach „Entwerfen & Konstruieren“ bei Prof. Wolfgang Schabbach. Jetzt wurde die Idee im baden-württembergischen Ludwigsburg beim Mia-Seeger-Preis 2020 mit einer von vier Anerkennungen gewürdigt. Mia Seeger, häufig als „Grande Dame des Designs“ bezeichnet, hat den Preis für junge Gestalterinnen und Gestalter gestiftet, die sich mit sozialen Fragen auseinandersetzen. Unter dem Motto „Was mehr als einem nützt“ wurden dieses Jahr wieder vier Preise und vier Anerkennungen vergeben. „Es ist super, so etwas fürs Portfolio zu haben“, sagt Greiner. Professor Schabbach hebt das Besondere am Konzept seiner Studierenden hervor: „Sie haben ein Trainings- und Bewegungsgerät entwickelt, das Parkinson-Erkrankte an das Training zu Hause erinnert, motiviert und begleitend durch die einzelnen Übungen führt. Es unterstützt den Wunsch nach einem selbstbestimmten Leben.“
„Joi“ besteht nur als Konzept, aber die Technik ist aus anderen Geräten wie beispielsweise der Spielkonsole Wii bekannt. Schabbachs Vorgabe war, Anwendungsfelder zum Thema „Technologie:Vision“ zu erarbeiten. „Wir haben uns Gestenerkennung rausgesucht“, erklärt Greiner. Klug ergänzt, dass sie darüber schnell auf Bewegungserkennung und damit auf Parkinson gekommen seien. Verlangsamung, Muskelzittern und gebeugte Haltung sind typische Symptome dieser Erkrankung des Nervensystems. „Außerdem werden viele Patientinnen und Patienten nach und nach vergesslicher“, sagt Klug. Deshalb erinnert das Gerät durch dezentes Aufleuchten daran, wenn eine Trainingseinheit ansteht.
Das Konzept der Studierenden setzt auf Interaktion zwischen Mensch und Maschine. Es ergänzt Medikamentenbehandlung und klassische Physiotherapie. Heilen kann es die Krankheit nicht. „Aber es kann dazu beitragen, die Beweglichkeit länger zu erhalten“, sagt Klug. „Ein Stück Lebensqualität.“