19. Juli '24
Andreas T. Wolf
Ein Stück Hochschule Coburg steht nun auch in München: Für eine Medienstation im Deutschen Museum haben zwei Wissenschaftler sogar den Tragflügel eines ikonischen Flugzeugs vermessen und eine Simulation erstellt. Diese ist nun dauerhaft Teil der Ausstellung.
Wer hat nicht schon einmal die Hand aus dem fahrenden Auto gehalten, um den Wind an den ausgestreckten Fingern zu spüren? Wie so ein Luftstrom an einem echten Flugzeugflügel und mit allen technischen Details visualisiert aussieht, können Besucherinnen und Besucher des Deutschen Museums in München erfahren. In der Ausstellung für Moderne Luftfahrt steht nun eine Medienstation, an der Prof. Dr. Philipp Epple zusammen mit seinem wissenschaftlichen Mitarbeiter Dr. Michael Steppert gearbeitet haben. Sie zeigt die Simulation eines Landeanflugs und wie sich dabei die Luft um den Flügel verhält.
Praktisches Wissen für den Urlaubsflug
Strömungsmechanik und Strömungsmaschinen sind Prof. Epples Spezialgebiete an der Fakultät Maschinenbau und Automobiltechnik. Er pflegte schon seit langem einen guten Kontakt zum Deutschen Museum und als eine Umstrukturierung der Ausstellung „Moderne Luftfahrt“ anstand, war klar, dass er helfen konnte. Heute ist die Strömungssimulation fester Bestandteil der Ausstellung.
Dr. Robert Kluge, Kurator für Luftfahrt nach 1945 im Deutschen Museum bedankt sich für die enge Zusammenarbeit: „Prof. Epple und Dr. Steppert haben an verschiedenen, didaktisch aufwändigen Stellen der neuen Dauerausstellung wirklich sehr geholfen. Hunderte Besucher können nun täglich an dieser Medienstation einen eigenen Eindruck von den flugmechanischen Zusammenhängen und der Funktionsweise von Flugzeugkomponenten gewinnen, die sie vielleicht beim Landeanflug auf ihr Urlaubsziel aus dem Kabinenfenster beobachten.“
Berühmter Flügel
Zu sehen ist der Flügelschnitt einer VFW 614, eines der ersten Passagierflugzeuge, welches nach dem Zweiten Weltkrieg in der Bundesrepublik entwickelt wurde und über zwei Strahltriebwerke verfügte. Der Fokus liegt auf der Veränderung der Luftströmung beim Abbremsen und Ausfahren verschiedener Landeklappen: „Hier konnte die Funktionsweise eines Tragflügels mit Landeklappe und Spoiler mit einer komplexen numerischen Strömungssimulation im Landeanflug erläutert und die Strömung visualisiert werden“, erklärt Prof. Epple.
Hierfür wurden extra Aufnahmen der Flügelgeometrie in der Flugwerft Schleißheim erstellt, da dem Deutschen Museum weder ein computer-gestütztes Modell (CAD) noch eine Zeichnung vorlag. Neben der Form brauchte es auch Detailaufnahmen, wie zum Beispiel die Bahnbewegung der Landeklappen und der Luftbremse.
In Coburg konnte dann ein CAD-Modell aus den Daten erstellt werden, das als Grundlage für eine CFD-Simulation diente, so Epple: „Als Ergebnis war es möglich, den Landevorgang des entsprechenden Flügelschnitts der VFW 614 im Deutschen Museum in der Strömungssimulation nachzubilden. Anhand des ausgestellten Flügelschnitts können alle Stationen des Landeanfluges, was die Position von Landeklappe und Luftbremse angeht, verfolgt werden. Zugleich können Besucher die Veränderung im Luftstrom zu jedem Zeitpunkt des Landeanflugs sehen.“
Coburger Expertise in München
Die Visualisierung der Stromlinien helfe zudem, Geschwindigkeiten und Druckverteilung parallel zum Ausfahren der Landeklappen und des Spoilers am ausgestellten Flügelschnitts im Detail zu verstehen, ebenso sind der erzeugte Auftrieb und der Widerstand in zusätzlichen Grafiken dargestellt. Die entsprechenden Daten des Landeanfluges einer VFW 614 wurden dem Flughandbuch entnommen, so konnte die Lande-Simulation virtuell sehr genau nachgebildet werden.
Die Früchte ihrer Arbeit nun in einem der renommiertesten Museen Deutschlands ausgestellt zu wissen, macht die Coburger Wissenschaftler durchaus etwas stolz: „Da wir selbst sehr gerne die Ausstellung Moderne Luftfahrt besuchen, war es uns natürlich eine Riesenfreude, hier mitwirken zu dürfen“, sagt Prof. Epple und Dr. Steppert ergänzt: „Es ist schön zu wissen, dass wir mit unserer Arbeit mehr Wissen in die Gesellschaft getragen haben.“