15. April '25
Von Andreas T. Wolf
Etwa 50/50, so lauten die offiziellen Zahlen zum Anteil an Frauen und Männern in der Bundesrepublik. Doch diese Realität spiegelt sich nicht in Lehre und Forschung wider. Noch immer sind Frauen in der Wissenschaft unterrepräsentiert und benachteiligt. Die Hochschule Coburg will das ändern – mit einem klaren Konzept, Programmen wie IMPETUS und foundHER und einer engagierten Gleichstellungsbeauftragten.
Prof. Dr. Christiane Alberternst ist Beauftragte für die Gleichstellung von Frauen in Wissenschaft und Kunst an der Hochschule Coburg. Sie hat seit ihrer Wahl 2019 eine stetige Verbesserung an der Hochschule wahrgenommen: „Der Anteil an Studentinnen ist in den letzten Jahren konstant bei 50 Prozent geblieben. Bei den Professorinnen sind wir in den letzten sechs Jahren von 19 auf 24,5 Prozent geklettert. Der Tipping-Point ist fast erreicht.“ Damit meint sie das Phänomen, dass selbst in Gruppen formal gleichberechtigter Mitglieder eine Untergruppe erst einen Anteil von 25 Prozent überschreiten muss, damit ihre Sichtweise ausreichend Beachtung findet. Dabei strebt das Bayerische Hochschulinnovationsgesetz sogar Parität an: mindestens 40 Prozent.
Das würde die bundesweite Geschlechterverteilung und den weiblichen Blickwinkel in Forschung und Lehre besser repräsentieren, schreibt das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Alberternst bestätigt: „Mehr Frauen in Forschung und Lehre haben auch zur Folge, dass mehr Bedürfnisse unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen berücksichtigt werden. Außerdem führen gemischte Teams in der Spitzenforschung laut empirischer Studien zu innovativeren Resultaten.“ So steht es auch im Gender Equality Plan der Hochschule Coburg. Durch Gleichberechtigung will die Hochschule wichtige Beiträge zur Lösung gesellschaftlicher Probleme in Mobilität, Energie und Gesundheit liefern. Ein Gleichstellungskonzept gibt es hier seit 1997.
Auch wenn der Anteil an Professorinnen stetig wächst, Hürden gibt es nach wie vor: Care-Arbeit für Kinder und Angehörige übernehmen meist noch Frauen, was zur Doppelbelastung führt, kritisiert Alberternst. Der geringe Anteil an Professorinnen wird zum Problem: „Wenn Gremien verstärkt mit Frauen besetzt werden sollen, wie es das Bayerische Hochschulinnovationsgesetz vorsieht, kann die Verantwortung viel weniger als bei den männlichen Kollegen rotieren. So sind immer wieder die gleichen Kolleginnen gefragt.“ Oft sei nicht im Voraus klar, wie viel Arbeitsaufwand ein Amt mit sich bringt. Entlastung, Planbarkeit, effiziente Moderation und auf Kita-Zeiten abgestimmte Gremienzeiten könnten den Spagat zwischen Arbeit und Familie erleichtern. Trotzdem ist deshalb jetzt die beste Zeit, als Professorin die Hochschule zu verstärken, um die 25-Prozen-Hürde zu überwinden und die Waage in Richtung Parität zu kippen.
Professorinnen und Gründerinnen
Um das zu erreichen, gibt es zahlreiche weitere Maßnahmen: Zum Beispiel arbeitet das Team des Projekts IMPETUS daran, mehr Frauen für die akademische Laufbahn zu begeistern, wie Projektkoordinatorin Dr. Julia Fischer sagt: „Unser Auftrag ist die Sichtbarkeit der Hochschule als Arbeitgeberin, aber auch speziell das Berufsbild und die Voraussetzung der HAW-Professur zu kommunizieren. Wir haben großartige Professorinnen und Wissenschaftlerinnen, die viel Leidenschaft für ihren Beruf mitbringen und Rollenvorbilder für die nachfolgende Generation sind. Wir wollen Frauen inspirieren und begeistern, unsere Hochschule insbesondere in Lehre, Transfer und Forschung mitzugestalten, denn Vielfalt bereichert alle.“
Einen direkten Einfluss auf die Gründerszene nimmt auch das foundHER-Programm aus dem Referat Transfer und Entrepreneurship: In diesem Jahr bekommen neun Gründerinnen für die nächsten zehn Monate Unterstützung bei der Umsetzung ihrer Ideen, wie Projektkoordinatorin Elena Friedel sagt: „Studien zeigen, dass Gründerinnen mit besonderen Herausforderungen konfrontiert sind – sei es beim Zugang zu Finanzierung, Netzwerken oder der Vereinbarkeit von Familie und Unternehmertum. Unser Programm zielt darauf ab, den Anteil weiblicher Gründerinnen an der Hochschule Coburg zu steigern und so zur Förderung von Innovation und Chancengleichheit beizutragen. Wir bauen gezielt Hürden ab, ermutigen und geben praxisnahes Wissen sowie wertvolle Kontakte an sie weiter.“ Das Projekt foundHER ist kürzlich gestartet und wird im Rahmen des Förderprogramms EXIST Women vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz unter Beteiligung des Europäischen Sozialfonds (ESF) unterstützt.