Achtsamkeit: zwischen Sinnsuche und Selbstoptimierung

Freitag. 04. August 2023 (Natalie Schalk)
Niko Kohls
Prof. Dr. Niko Kohls

Viele genießen jetzt den Urlaub als wichtige Pause für Körper und Geist. Aber der Alltag kommt wieder – Achtsamkeit wirkt sich auch in stressigen Phasen positiv auf Gesundheit und Leistungsfähigkeit aus und hält sich deshalb seit Jahren als Trendthema. Kürzlich beschäftigte das auch eine Expert:innenrunde im Bayerischen Rundfunk. Mit von der Partie: Gesundheitsforscher Prof. Dr. Niko Kohls von der Hochschule Coburg. Er berichtet von aktuellen Forschungsergebnissen.

Urlaub, Ferien: Es ist Zeit, die Energiereserven wieder aufzutanken. Wenn das Gehirn ständig auf Hochtouren arbeitet und der Körper nicht zur Ruhe kommt, beeinträchtigt der andauernde Stress die Gesundheit und vermindert die Leistungsfähigkeit. Aber mit ein paar Wochen Auszeit im Jahr ist es nicht getan. Es ist wichtig, mit den Belastungen im Alltag klarzukommen – da ist Achtsamkeit ist eine sehr effektive Methode. Ratgeber dazu reihen sich in den Buchhandlungen in langen Regalen und auch in der Forschung hat das Thema heute einen festen Platz. Einer, der sich schon lange damit beschäftigt, ist Gesundheitsforscher Prof. Dr. Niko Kohls von der Hochschule Coburg. In der Sendung „IQ – Wissenschaft und Forschung“ des Bayerischen Rundfunk war er kürzlich zu Gast. Unter dem Titel „Achtsamkeitsforschung – Frieden für die Welt oder Wellness fürs Ich?“ ging es auch darum, dass viele Menschen hoffen, durch Meditation Erkenntnisse bei der Suche nach dem Sinn des Lebens zu gewinnen. Aber ist Meditation ein Schlüssel zu einer besseren Welt oder eher Wellness fürs Ich?

Für Kohls ist Achtsamkeit zunächst ein Werkzeug, das psychisch belasteten Menschen hilft. Auch Firmenchefs interessieren sich für positive Effekte der Achtsamkeit auf Gesundheit und Leistungsfähigkeit und der Coburger Wissenschaftler berichtet von einer großen Bandbreite an Organisationen, die sich damit beschäftigen: Da gibt es Unternehmen der Pharmaindustrie und Automobilzulieferer, ein Krankenhaus, das kleine Grafikbüro in Berlin oder die Bundeswehr. Meditation, Atemtechniken, allgemein Achtsamkeitsübungen helfen, Empfindungen und Zustände wahrzunehmen. Dies belegen Befragungen, aber auch die Hirnforschung. Proband:innen wurde auch Blut genommen und so festgestellt, dass sich Achtsamkeitstraining positiv auf das Stresshormon-Level auswirkt. Für den Einzelnen ist das gut und gesund. Und für Organisationen und Unternehmen sind Angestellte mit höherer Leistungsfähigkeit und weniger Krankheitstagen ohnehin erstrebenswert. Stressresistentere Mitarbeitende, effizientere Soldat:innen: Wie passt das zu den Ideen von Meditation und innerer Haltung, die nicht im Rahmen von Wettbewerb und Gewinnmaximierung entwickelt wurden, sondern ursprünglich von einer religiösen oder ethischen Ausrichtung gedacht waren?

Achtsamkeit befähige nicht nur zu besserem Blick auf sich selbst, sondern auch auf Umgebung, erklärt Kohls. „Sie schafft Klarheit.“ Und damit vielleicht doch auch ein besseres Verhalten – auch das ist Thema der Sendung „Achtsamkeitsforschung - Frieden für die Welt oder Wellness fürs Ich?“, in der außer dem Coburger Prof. Dr. Niko Kohls auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der University Wisconsin-Madison, der LMU und der TU München über ihre Forschung berichten. Die Sendung ist hier nachzuhören.