Forschung und Entwicklung: die Energie der Sterne als Vorbild

Dienstag. 04. Juli 2023 (Natalie Schalk)
Dr. Peter Lang, Prof. Dr. Martin Prechtl, Bernhard Plöckl und Fin Schmidt. Foto: Hochschule Coburg
Fin Schmidt sprach über das Thema Schwingungsüberachung. Foto: Martin Prechtl / Hochschule Coburg
Prof. Dr. Martin Prechtl - Foto: Danny Wiegand / Hochschule Coburg

Zwei leichte Atomkerne verschmelzen zu einem neuen, schweren Kern: In Sternen entsteht auf diese Weise Energie – und die Sonne strahlt Licht und Wärme auf die Erde. Wissenschaftler:innen arbeiten daran, die Kernfusion in Kraftwerken kommerziell nutzbar zu machen. Über den aktuellen Stand diskutierten Studierende der Hochschule Coburg mit Prof. Dr. Martin Prechtl und Gästen des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik (IPP) in Garching bei München.

Wenn’s um Atomkerne und Energie geht, fallen uns Strahlung, Gefahr und das große Endlagerproblem ein. „Wir reden aber über Kernfusion“, betont Prof. Dr. Martin Prechtl. „Sie ist das Gegenteil der Kernspaltung, die man kennt und zu Recht als gefährlich einstuft.“ Prechtl forscht und lehrt als Professor für Technische Dynamik und Angewandte Mathematik an der Fakultät Maschinenbau und Automobiltechnik der Hochschule Coburg, war vorher als Entwicklungsingenieur am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) und hat die Basis für eine Kooperation zwischen Hochschule und IPP geschaffen. Gerade waren Dr. Peter Lang und Bernhard Plöckl vom IPP in Coburg zu Besuch, um Studierenden der MINT-Fächer einen Einblick in den aktuellen Stand von Forschung und praktischer Entwicklung der Kernfusion zu geben.

Wie Atome fusionieren

Normalerweise ist Materie fest, flüssig oder gasförmig – aber für Kernfusion braucht es den vierten Aggregatszustand: Plasma. Wenn Temperaturen wie in der Sonne herrschen, also ein paar Millionen Grad Celsius, dann sind Atome vollständig ionisiert. Die Materie besteht aus Ionen und Elektronen. Leichte Wasserstoff-Atome stoßen zusammen – und fusionieren. Anders als bei der Kernspaltung gibt es bei der Kernfusion kein Risiko eines Atomunfalls. „Wenn man die physikalischen Grundsätze versteht, wird schnell klar, dass es eine sichere Technologie ist“, sagt Prechtl. Radioaktivität entsteht allerdings auch. „Aber in viel geringerem Maß und mit geringerer Halbwertszeit.“ CO2 wird durch diese Art der Energiegewinnung nicht freigesetzt. „Es ist eine Technologie mit großem Potenzial.“

Der Wirtschafts-Faktor

Aktuell lässt sich damit noch kein Geld verdienen. Damit das Ganze funktioniert, muss derzeit noch zuviel Energie eingesetzt werden. Aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis praktische Lösungen gefunden sind. 30 oder 40 Jahre, schätzen einige Forschende. Andere glauben, der erste Fusionsreaktor werde in zehn Jahren ans Netz gehen. Prechtl ist auf jeden Fall überzeugt, dass Kernfusion wichtig für die Zukunft ist. „Ziel ist, einen Reaktor zu entwickeln, der wirtschaftlich Strom liefern und die regenerativen Energien ergänzen kann.“

Magnetfeld schließt Plasma ein

Im südfranzösischen Cadarche wird gerade in einem internationalen Großprojekt der Experimentiereaktor ITER gebaut. Er soll zeigen, dass eine Leistung von 500 Megawatt möglich ist. Am weitesten fortgeschritten ist derzeit das so genannte Tokamak-Prinzip. Typisch ist dabei die Art, wie das Plasma mit Hilfe eines Magnetfeldes abgeschlossen wird. Aber es gibt auch andere Lösungen: Das IPP in Garching verfolgt bei der Konfiguration des Magnetfeldes auch einen weiteren Ansatz und erforscht diesen in Greifswald mit der Experimentieranlage Wendelstein 7-X. Auch davon berichteten Dr. Peter Lang und Bernhard Plöckl vom IPP den Coburger Studierenden.

Kernfusion als Thema im Praxissemester

Immer wieder arbeitet das IPP bei Bachelor- oder Masterarbeiten und im Praxissemester mit der Hochschule Coburg zusammen: „Ich hatte die Möglichkeit in meinem Praxissemester zusammen mit renommierten Wissenschaftlern am Experiment ASEDX Upgrade zu arbeiten“, erklärt Fin Schmidt. Er beschäftigte sich vor allem mit Schwingungsanalysen und fand toll, wie er das Wissen, das er im Studium erworben hat, am Experiment ASDEX Upgrade in Garching und insbesondere an der Zentrifuge zur Pellet-Injektion, die für die Brennstoffnachfüllung notwendig ist, anwenden und vertiefen konnte. Schmidt studiert im Bachelor Maschinenbau und ist froh über die Kooperation zwischen Hochschule und IPP. Die Kernfusion sieht auch er als zukunftsweisende Technologie. „Und in meinem Praxissemester durfte ich einen Beitrag dazu leisten.“

Wer sich für die Coburger Studiengänge interessiert, kann sich hier für das Wintersemester 2023/24 anmelden und einschreiben.