Themenabend Schwangerschaft: Bereit für die größte Veränderung?

Donnerstag. 27. Juni 2024 (Andreas T. Wolf)
Impressionen vom Themenabend. Foto: Eva Klink / Hochschule Coburg
Impressionen vom Themenabend. Foto: Eva Klink / Hochschule Coburg
Impressionen vom Themenabend. Foto: Eva Klink / Hochschule Coburg
Maria Kuhn, Henrike Beck, Barbara Wank und Prof. Dr. Eberhard Nöfer. Foto: Eva Klink / Hochschule Coburg
Impressionen vom Themenabend. Foto: Eva Klink / Hochshcule Coburg

Zum Themenabend „Gesundheit! Wissen für alle by Hochschule Coburg“ am Mittwoch kamen junge Mütter und die, die es vielleicht noch werden wollten. Sie informierten sich darüber, warum wir in der besten Zeit für gute Hoffnung leben und welche Hilfen es für Schwangerschaft, davor- und danach gibt.

Gesund schwanger - Gemeinsam stark“ war nicht nur ein Mutter-Thema, sondern auch für Begleitungen und Väter spannend. Denn der Abend sollte dazu dienen, gesundheitswissenschaftliche Zusammenhänge und Hilfsangebote – und Hilfstechniken zu vermitteln. Dieses Wissen könnten auch die Begleitenden verinnerlichen – schließlich machen werdende Mütter eine Veränderung durch, wie sonst nur in der Pubertät.

Prof. Dr. Eberhard Nöfer, in Vertretung von Dr. Markus Neufeld, Leiter des Referats Transfer & Entrepreneurship vom Projekt CREAPOLIS + design, brachte den Beweggrund solcher Informationsveranstaltungen auf den Punkt: „Wir alle sind das Ergebnis einer geglückten Schwangerschaft, können uns aber tragischerweise nicht an unsere eigene Geburt erinnern. Wenn wir dann gebären, ist dieses Wissen nicht mehr da.“ Oft seien Betroffene dann unvorbereitet oder gar überrascht, wenn es auf die Geburt zugeht.

Dabei ist Schwangerschaft heute etwas Selbstverständliches und es gibt mehr Wissen und Hilfsangebote als jemals zuvor, wie Hebamme Barbara Wank vom Klinikum Coburg in einem kleinen Geschichtsexkurs über die Sichtweisen und Darstellung von Schwangerschaft erläuterte. Von den ersten bekannten Darstellungen von Fruchtbarkeitsgöttinnen über die auf Feldern arbeitenden Hochschwangeren des Mittelalters bis zur Revolution mit der „Antibabypille“ bekamen die Gäste einen Eindruck, wie sich die Sichtweisen auf werdende Mütter gewandelt hat. Heute müssen sich werdende Mütter nicht verstecken und können auch Hilfe von Gesellschaft und Partnerinnen und Partnern erwarten.

Einen Crashkurs in Selbstfürsorge und aktuellste Forschungserkenntnisse lieferte Doktorandin Maria Kuhn aus der Fakultät Angewandte Naturwissenschaften und Gesundheit der Hochschule Coburg: „Was haben pubertierende Jugendliche und Schwangere gemeinsam? Der Körper verändert sich ganz massiv! Durch die große Hormonumstellung baut sich das Gehirn um.“

Neuste Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass die graue Hirnmasse während einer Schwangerschaft stark abnehme und weniger wichtige Funktionen reduziert würden, damit für die Elternschaft kritische Fähigkeiten – wie beispielsweise Aufmerksamkeit, Empathie aber auch Geschmacks- und Geruchssinn verstärkt würden. Die Wissenschaft vergleicht das mit einem Obstbaumschnitt, sagte Kuhn: „Auch das Belohnungssystem wird beeinflusst und es entsteht eine hohe Motivation zur Verhaltensänderung. Darum fällt es einigen Frauen leichter zum Beispiel mit dem Rauchen oder dem Alkoholkonsum einfach aufzuhören. Eine Schwangerschaft kann man sogar noch Jahre später in einem MRT-Scan nachweisen. Je häufiger sie schwanger werden, desto stärker werden die Veränderungen.“

Frauen die ein Kind erwarten müssen, kurz gesagt, durch vier Phasen hindurch:

  • Verunsicherung: nach der Feststellung der Umstände kommen die Fragen und der Zweifel.
  • Anpassung: Ein Kind-Konzept entsteht, ein gewisses Wohlbefinden stellt sich ein.
  • Konkretisierung: Veränderung des Körpers und aktive Wahrnehmung des Kindes.
  • Vorbereitung: Beginn des Mutterschutzes und aktive Geburtenplanung. Rückkehr von Ängsten und Sorgen.

 „Die Schwangerschaft kann sehr herausfordernd sein. Frauen haben mit viel zu kämpfen“, weiß die Doktorandin. Darum wolle sie die Wichtigkeit der Selbstführsorge hervorheben: „Das ist nichts Egoistisches. Das ist eine Fähigkeit mit sich selbst umzugehen, Bedürfnisse ernst zu nehmen und mit einer vertrauten Person darüber zu sprechen.“

Sieben Tipps sollen schnell und einfach dabei helfen, auch schon vor der schweren Zeit, neue und gesunde Verhaltensmuster anzutrainieren. Bestenfalls schreibe man sich diese einzeln auf und lege sie ab, wo sie dann wiedergefunden werden können. Ihre Tipps:

  1. Benennen Sie ihre Ressourcen und Kraftquellen.
  2. Machen Sie sich eine Liste mit Menschen, die sie unterstützen.
  3. Bewegen Sie sich an der frischen Luft!
  4. Nehmen Sie Ihre Gefühle und Bedürfnisse ernst!
  5. Erlernen Sie eine aktive Entspannungstechnik.
  6. Benennen Sie abends 10 Dinge, für die Sie dankbar sind.
  7. Schreiben Sie eine „Erledigt-Liste“, denn manchmal gäbe es Tage an denen Mütter denken sie hätten nichts Sinnvolles gemacht.

„Wenn sie jedes Windelwechseln und Stillen aufgeschrieben haben, merken Sie, wieviel sie eigentlich geschafft haben!“ versichert Kuhn. Zudem hat sie eine App im Zuge ihrer Doktorarbeit entwickelt, die eben dabei helfen soll: „Mein Baumhaus“ (MeBa) bietet 14 Module. Acht für während der Schwangerschaft, sechs fürs Wochenbett. Dabei werden verschiedene Lern- und Verhaltenstechniken aus der Wissenschaft vermittelt, um gesundheitsförderliches Verhalten zu üben.

Zum Abschluss des Abends präsentierte Hebamme Henrike Beck von der Hebammenkoordination von Stadt- und Landkreis Coburg die lokalen Hilfsmöglichkeiten für werdende Eltern. Finanzielle Unterstützung vor der Geburt gibt es bereits durch Mutterschaftsgeld, Mutterschaftslohn oder die Landesstiftung Hilfe für Mutter und Kind. Nach der Geburt kommen zudem Kindergeld, Basiselterngeld, Elterngeld Plus, Bürger- oder Wohngeld, Coburger Familienpass und vieles mehr hinzu.

Jede Schwangere hat Anspruch auf Voruntersuchungen und Hebammenhilfe und Beratung. In Coburg gibt es hierzu sogar speziell die Hebammensprechstunde für Familien ohne Hebamme. Eine der ersten Anlaufstellen ist die Schwangerenberatung beispielsweise der Diakonie oder Caritas. Auch das Jugendamt bietet Hilfe mit Beratung zur Erziehung oder Hilfe zur Anerkennung der Vaterschaft – oder wenn es um den Unterhalt oder Adoption geht.

Im Familienzentrum Coburg finden sich mehrere Hilfsstellen wie das KoKi, Harl.e.kin Nachsorge für Risikogeburten und kranke Kinder. Ein Second-Hand-Laden und Elterncafés, Vorträge und Beratung runden die zahlreichen Möglichkeiten ab. Auch für schwierige Situationen wie Wochenbettdepression, Kindsverlust oder Behinderung oder Gewalt und Konflikt in der gibt es zahlreiche Hilfsstellen, versichert Beck: „Wir haben hier in Coburg großartige Angebote.“

Mit der Themenreihe „Gesundheit! Wissen für alle by Hochschule Coburg“ führt die Hochschule Coburg die Themenabende aus dem TAO-Gesundheitsjahr 2023 weiter. Das nächste Thema im November wird „KI in der personalisierten Medizin“ mit Prof. Dr. Stefan Simm sein.

Unterstützt werden die Themenabende durch das Projekt CREAPOLIS + design im Rahmen der Bund-Länder-Initiative Innovative Hochschule und durch die Technologie-Allianz Oberfranken (TAO).